Eine zentrale Grundannahme des hypnosystemischen Modells ist es, dass es nie der Inhalt einer Erfahrung ist, der den Einfluss auf das Erleben bedingt, sondern immer die Beziehungsgestaltung zu diesem Inhalt. Das heißt, wie assoziiert oder dissoziiert mit etwas, wie überflutet von etwas oder in gut geschützter Position mit Abstand, Überblick und Handlungsfähigkeit ich mich erlebe.
Daher ist ein wichtiger Schritt in der hypnosystemischen Arbeit, zum Aufbau einer Steuerposition für das eigene innere Erleben einzuladen und anzuregen. Diese soll mit dem Erleben von Sicherheit, Überblick und Handlungsfähigkeit einhergehen. Sie hat die Aufgabe, die Selbstorganisation der gerade aktivierten Teil-Ichs im Auge zu behalten und darauf zu achten, was notwendig ist, damit eine wertschätzende Kooperation und jeweils stimmige Balance zwischen diesen entstehen kann. (Bartl (2016), Gross (2016), Schmidt (2014))
Mechthild Reinhard spricht in ihrer Darstellung der inneren Welt mit all ihren Anteilen/Seiten/Erlebnisnetzwerken immer davon, dass es entscheidend ist, eine Beobachterposition einzunehmen und sich aufzuspannen.
Sie geht davon aus, dass Menschen in ihrem inneren Erleben grundsätzlich ambivalent sind, dass also so gut wie immer zumindest zwei, zumindest teilweise widersprüchliche Seiten in uns aktiv sind. Sie drückt es oft so aus: “Eine Seite sagt „Hü“ und eine Seite sagt „Hott““ (Reinhard (2018). Dies muss jedoch nicht als problematisch gesehen werden, es gehe nur darum, wie man damit umgehe. Sie wirbt dafür, sich vertikal aufzuspannen, also mit der Beobachterposition so weit in Abstand zu gehen, dass man alles gut im Blick hat, um in hilfreicher Weise mit der eigenen Widersprüchlichkeit umgehen zu können. Und auch zu lernen, diese zu nützen. Die diesbezüglichen Erfolgschancen steigen, wenn man es schafft, wohlwollend mit sich selbst umzugehen. Je nach Situation und Umständen kann es jedoch sehr schnell passieren, dass es zwar gelingt, eine Beobachterposition aufzubauen, diese aber mit sehr strengem und/oder selektivem Blick auf sich selbst schaut. Daher schlägt sie vor, der Beobachterposition eine weitere liebevolle Beobachterinstanz zur Seite zu stellen, die wohlwollend beobachtet, wie von der ersten Beobachterposition gerade auf das eigene Selbst und die Welt geschaut wird. Auch das Wissen um den eigenen heilen Kern, den in ihrem Denken jeder Mensch in sich hat und den sie sich unantastbar und unzerstörbar vorstellt, kann dabei hilfreich sein. Er stellt eine gewisse Referenz dar, ein grundlegendes Wissen in uns darüber, wie es gut ist. Symptome könnten nach diesem Denken auch verstanden werden als Hinweise darauf, dass es dieses Wissen in uns geben muss, denn ohne einen Sollwert ist es gar nicht möglich, ein Problem zu erleben. Diese ganze innere Welt, dieses jeweils einzigartige Universum, das jeder Mensch ist, stellt sie sich umgeben von einer halbdurchlässigen Grenze vor, die sowohl Abgrenzung als auch Verbundenheit ermöglicht. (Reinhard (2019))
Quellenverzeichnis: