Nach Reinhold Bartls Modell des inneren Erlebens hat jeder Mensch drei Wissensquellen oder Instanzen in sich.
Das bewusste „Ich“, das unwillkürliche „Es“ und den Körper. Das bewusste „Ich“ kann beschrieben werden als unser bewusstes Denken, es umfasst unser Bild von uns selbst mit all unseren Stärken, Schwächen, bewussten Wertvorstellungen etc., die „Ich will (aus guten Gründen) Welt“ der Rationalität. Das unwillkürliche „Es“ umfasst die unwillkürlich auftauchenden Gefühle und Regungen, die „Es geschieht/fühlt (aus guten Anliegen) Welt“ der Intuition. Die dritte Instanz ist der Körper, welcher von dem führenden Hirnforscher Damasio als die Bühne der Gefühle bezeichnet wurde. Der Körper reagiert auf die Impulse des unwillkürlichen „Es“ (Bartl (2016)).
Martina Gross, die das erste hypnosystemische Ausbildungsinstitut in Wien gegründet hat, hat Bartls Modell in einen, die Zeitachse integrierenden, Rahmen gesetzt:
Das Erleben im Hier & Jetzt entsteht durch das Wechselspiel der inneren Welt mit Reizen von außen. Unser Gehirn scannt unaufhörlich die äußere Welt ab und rechnet, basierend auf allen vergangenen Erfahrungen mit Ähnlichkeitswert, eine emotionale Bewertung der aktuellen Situation hoch. Anders ausgedrückt könnte man sagen, aufgrund des Vergleichs der aktuellen Situation mit der Summe der Hochrechnungen vergangener, ähnlicher Situationen entscheidet sich ganz unwillkürlich, welches Erlebnisnetzwerk aktiviert wird. Diese Hochrechnung erfolgt vorbewusst und ist immer auf die gewünschte Zukunft und deren Wahrscheinlichkeit ausgerichtet. Sie liefert uns eine sehr schnelle, unwillkürliche, emotionale Bewertung der aktuellen Situation, die das Erleben im Hier & Jetzt entscheidend beeinflusst. Damasio bezeichnet dieses Signalsystem des Unbewussten als Somatische Marker. Die Bewertung erfolgt nach dem Schema: 1. War gut, wieder aufsuchen oder 2. War nicht so toll, nach Möglichkeit lieber meiden. Gunther Schmidt und auch Maya Storch (zitiert nach Gross (2016)) greifen das Konzept der Somatischen Marker auf als Feedback des eigenen Organismus und Referenz zur Prüfung, ob etwas als stimmig erlebt wird. (Gross (2016), Schmidt (2014, 2017))
Im Optimalfall kooperieren das bewusste „Ich“ und das unwillkürliche „Es“ miteinander in zieldienlicher Weise. Dies führt zu einem Erleben von Stimmigkeit und Balance und dem Gefühl, genau im richtigen Zustand zu sein für die gerade vorhandenen und angestrebten Erfahrungen.
Mechthild Reinhard, die gemeinsam mit Gunther Schmidt die Systelios Klinik für psychosomatische Gesundheitsentwicklung aufgebaut hat, greift in einer ihrer Überlegungen zur inneren Welt das biopsychosoziale Modell (Engel 1977) auf, das den Menschen als biopsychosoziales Gesamtsystem beschreibt.
Dabei steht das Soziale System für die Spielregeln der Familie, der Gesellschaft, der Umwelt, in die wir hineingeboren werden. Diese wandern, wie Mechthild Reinhard es ausdrückt, in uns hinein und werden zu einem Aspekt unserer Selbst. Daneben haben wir unser ureigenes Biologisches System, mit dem wir auf die Welt kommen, und dass es in seiner jeweiligen Einzigartigkeit nur einmal gibt und wir besitzen auch ein Psychologisches System. Aus systemtheoretischer Sicht wird es oft so beschrieben, dass diese 3 Subsysteme (sozial, biologisch, psychologisch) sich in uns drinnen gegenseitig zu Umwelten werden. Die Bedürfnisse, die aufgrund des Sozialen Systems um uns und in uns entstehen und die ureigensten Bedürfnisse unseres biologischen Systems gehen dabei aber nicht immer Hand in Hand. Da kommt das Psychologische System ins Spiel, Mechthild Reinhard sieht es als Bedeutungsgebungssystem, das permanent auszuhandeln hat, was da in einem aufeinandertrifft. Beispielsweise wie wir uns selbst, die soziale Umwelt und die Welt sehen, und wie wir unsere Beziehungen und Rollen in und mit der Welt sehen und wie auf psychologischer Ebene Bedeutung gegeben wird und dies wirkt sich körperlich und emotional aus. Das Psychologisches System besitzt als Einziges die Fähigkeit sich zu trennen/aufzuteilen und spaltet sich ganz unwillkürlich in Anteile, die assoziiert sind mit der Außenwelt, dem Sozialen System und Anteile die assoziiert sind mit den biologischen Bedürfnissen unseres einzigartigen Wesens. Dies ist uns manchmal bewusst, sehr häufig jedoch auch nicht, immer haben wir jedoch mit den körperlichen und emotionalen Auswirkungen umzugehen. Das Biologische System ist, diesem Denken nach, ständig dabei, im begrenzten Raum des eigenen Körpers die eventuellen Widersprüche, die im Psychologischen System, in der eigenen Wahrnehmung/Wahrgebung und Bedeutungsgebung toben, nach Möglichkeit zu balancieren. Im Gegensatz zum Psychologischen ist das Biologische System, nach Mechthild Reinhard, dabei aber nicht in der Lage sich zu trennen oder aufzuspalten. Psychisch können wir uns hin- und hergerissen fühlen durch verschiedene Bedürfnisse und soziale Einflüsse, aber körperlich ist es nicht möglich, dass wir uns aufteilen/gleichzeitig in verschiedene Richtungen laufen. Körperlich haben wir durch die Haut, eine ganz natürliche Grenzbildung zur Außenwelt und innerlich ist unser Körper so organisiert, dass es Zusammenhalt braucht. Im Körper ist alles mit allem permanent in Kommunikation und es gibt auch keine klassische Hierarchie, es ist mehr ein ständiges aufeinander abstimmen und kooperieren.
Häufig drücke der Körper ganz unwillkürlich die innere psychische Widersprüchlichkeit in seiner Körpersprache aus. Daher ist es nach Mechthild Reinhard im Hinblick auf seelisches und körperliches Wohlergehen empfohlen unser Psychisches System so aufzubauen, dass wir Ambivalenz/Widersprüchlichkeit als Grundverfasstheit unseres Menschseins erst einmal anerkennen. Um dann in weiterer Folge ausgehend davon zu forschen welche Zugangsweisen zu mir selbst und zur Äußeren Welt dazu beitragen können, dass wir unsere innere Welt als ganze Welt betrachten können. Als ein zusammenhängendes Geschehen, wo alle Anteile ihren Platz und Ihre Berechtigung haben. (Reinhard (2020))
Quellenverzeichnis: