Rückfälle/Ehrenrunden

Gunther Schmidt wird nicht müde zu betonen, dass niemand, auch nicht durch die Wiederholung vielleicht unerwünschter Verhaltens- oder Erlebensweisen, auf einen  Zustand zurückfallen kann, ohne dass in der Zeit dazwischen neue Erlebnis- und Verhaltens- und Umgangsweisen erprobt und gelebt wurden. Er schlägt deshalb vor, treffender und mit Fokus auf Kompetenzen stattdessen von "Ehrenrunden" in die unerwünschten Verhaltens- Erlebens- und/oder Umgangsweisen zu sprechen. (Schmidt 2014, 2017)

 

Andreas Kollar (2018), der sich sehr intensiv mit den Konzepten von Gunther Schmidt auseinandersetzt und diese strukturiert vermittelt, hat die Möglichkeiten, die das Auftreten von Ehrenrunden aus hypnosystemischer Sicht wahrscheinlicher machen, zusammengefasst: 

Ein erster wichtiger Bereich ist die Motivation, welche unterteilt werden kann in intrinsische und extrinsische Motivation. Intrinsische Motivation bedeutet, dass die Motivation aus der Sache an sich kommt. Wenn diese nicht ausreichend vorhanden ist, beispielsweise das anvisierte Ziel in der Person nicht ausreichend das Interesse/die Sehnsucht weckt, dieses zu erreichen, kann es zu einer Ehrenrunde kommen. Extrinsische Motivation bedeutet, dass diese durch erwünschte Vergütung aus dem Außen entsteht. Wenn jedoch die erwartete Vergütung in dem Moment nicht ausreichend Ambivalenz in der Person erzeugen kann. Also nicht ausreichend anziehend/verheißungsvoll wirkt, um die Person innerlich zumindest in einen Bedürfniskonflikt/ein Dilemma zwischen der Vergütung und dem ursprünglich Konsumierten bringen kann, erhöht dies die Wahrscheinlichkeit für eine Ehrenrunde. Weiters kommt auch den Bedürfnissen nach Loyalität und Zugehörigkeit einerseits und Autonomie andererseits eine wichtige Rolle zu. Hinsichtlich des Bedürfnisses nach Loyalität kann sich die Wahrscheinlichkeit für eine Ehrenrunde erhöhen, wenn zu viel auf andere geschaut wird, oder wenn die anderen perfektionistische Erwartungen an die betroffene Person stellen. Bezüglich des Bedürfnisses nach Autonomie steigt die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten einer Ehrenrunde, wenn Spielerisches, Lustvolles, Leichtes zu wenig Platz im Leben bekommen, oder wenn perfektionistische Erwartungen an sich selbst gestellt werden. (Kollar (2018))

 Quellenverzeichnis:

  • Bartl, R. (2016). Sucht, Angst, Zwang, Essstörungen. Hypnosystemische Perspektiven zum hilfreichen Umgang mit leidvollen Störungen und deren geschützten Anliegen. C-Seminar Klinische Hypnose; Hypno-Synstitut Wien.
  • Fereberger, B. (2020). Ressourcen zur Stabilisierung des Nervensystems in Zeiten der Krisen. Seminar ÖAP; Wien
  • Gross, M. (2016). Von A wie Angst bis Z wie Zweifel. C-Seminar Klinische Hypnose; Hypno-Synstitut Wien.
  • Herr, A. (2017). Einführung in die Hypnosystemik. Gastreferent im 1.Modul des Grundkurses zur Systemischen Pädagogik bei Mechthild Reinhard; Helm-Stierlin-Institut Heidelberg
  • Kollar, A. (2018). Hypno meets Brainspotting 2. C-Seminar Klinische Hypnose. MEGA Wien
  • Maturana, H. & Varela F. (1984). Der Baum der Erkenntnis. Die biologischen Wurzeln des menschlichen Erkennens. Goldmann
  • Porges, S. (2010). Die Polyvagal-Theorie. Neurophysiologische Grundlagen der Therapie. Emotionen, Bindung, Kommunikation und ihre Entstehung. Paderborn: Jungfermann Verlag
  • Porges, S. (2016). Connectedness as a biological imperative: Understanding trauma through the lens of the Polyvagal Theory. Vorkongress-Workshop- Reden reicht nicht!?; Heidelberg
  • Porges, S. (2019). Die Polyvagal-Theorie und die Suche nach Sicherheit: Traumabehandlung, soziales Engagement und Bindung. Liechtenau: G.P. Probst Verlag
  • Reinhard, M. (2017). Grundkurs Systemische Pädagogik und Beratung; Helm-Stierlin-Institut Heidelberg
  • Reinhard, M. (2018). Aufbaukurs Systemische Pädagogik und Beratung; Helm-Stierlin-Institut Heidelberg
  • Reinhard, M. (2020). Erweiterungskurs Systemische Pädagogik und Beratung inkl. Coaching & Supervision; Systelios-Akademie Siedelsbrunn
  • Schmidt, G. (2004). Liebesaffäre zwischen Problem und Lösung. Hypnosystemische Konzepte für schwierige Kontexte. Heidelberg: Carl-Auer.
  • Schmidt, G. (2011). Einführung in die hypnosystemische Therapie und Beratung. Heidelberg: Carl-Auer.
  • Schmidt, G. (2014). Curriculum Klinische Hypnose (B1-B8) der MEG. Milton-Erickson-Institut Heidelberg
  • Schmidt, G. (2017). Selbsthypnose und hypnosystemisches Selbstmanagement. C-Seminar Klinische Hypnose; Milton-Erickson-Institut Heidelberg